Abwasser



Referenten:   Markus Bondzio, Thomas Emslander, Jenny Katholy, Sebastian Krüger,
Achille Simo

Inhaltsverzeichnis

  1.   Einleitung
  2.   Historischer Hintergrund in Europa/Berlin
  3.   Vorschläge zur Lösung der Abwasserfrage
  4.   Die Radialsysteme
  5.   Das Berliner Kanalsystem
  6.   Das Berliner Abwassersysteme im Schema
  7.   Klärwerk Ruhleben
  8.   Systemanalyse
  9.   Fazit
10.   Quellen


 
1. Einleitung

Die Stadt in welcher wir leben und arbeiten hat es vor mehr als einhundert Jahren vermocht, die Gossen von ihren Straßen zu verbannen. Berlin, Deutschlands größte Stadt hat in dieser Entwicklung Standards gesetzt. Hat sie aber die Abwasserproblematik ausreichend geklärt? Diese Frage ist nicht mit einer klaren Antwort zu belegen. Auf der einen Seite verschwanden Dreck und die Fäkalien von den Wegen, weil das Abwasser auf den Rieselfeldern geklärt wurde. Schon zu damaliger Zeit versuchte man, modernste Lösungen für die Problematik zu entwickeln, um bei der Reinigung und dem Transport von Schmutzwasser optimale und längerfristig wirksame Erfolge zu erzielen. Auf der anderen Seite sehen wir uns heute mit immer weitgreifenderen Fragen zur Thematik der ökologischen Bilanzierung konfrontiert. Unter Berücksichtigung aller fachthematischen ineinandergreifenden Bereiche der Trinkwasserver- und entsorgung sowie der Einbeziehung aller involvierten Stoffe in den einzelnen Prozessen, möchten wir durch unseren Referatsbeitrag einen tieferen Einblick in diese komplexe Thematik vermitteln.


2. Historischer Hintergrund in Europa

Während des industriellen Aufblühens der Städte Ende des 19. Jahrhunderts verschärfte sich die hygienische Situation immer mehr. Wissenschaft, Technik und Künste erblühten, Eisenbahnen fuhren, die Elektrizität wurde genutzt, die Telephonie begann ihren Siegeszug, aber im Bereich der infrastrukturellen Entwicklung auf dem Gebiet der Abwasserentsorgung gab es nur sehr wenige fortschrittliche Maßnahmen.

Erst die Folgen der Pestilenz in den immer rascher wachsenden Industriestädten, die hohe Krankenzahl und Sterblichkeit, beschleunigten die Entwicklung von Stadtentwässerungssystemen. Im Laufe der Zeit wuchsen die Ansprüche und Anforderungen an ein Kanalisationssystem. Die primäre Aufgabe der hygienischen Bewältigung von Missständen wurde stetig erweitert, um den Ansprüchen der Zeit genüge zu leisten. Heute verlangen die aktuellen Fragen nach wohlüberlegten Lösungsansätzen zur Schonung von Ressourcen, der optimalen Nutzung bzw. Abwandlung verschiedener Prozesse, sowie der Nachhaltigkeit und Zukunftssicherung des Abwassersystems.

Gossen Berlins

Abb. 1
Gossen Berlins

Quelle: H. Tepasse, Stadttechnik im Städtebau Berlins
Erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts beginnt in Europa nahezu gleichzeitig die Entwicklung einer Stadtentwässerung mit Abwasserableitung und Entsorgung im heutigen Verständnis. An ihrem Anfang stand die Einführung der Schwemmkanalisation für ganze Städte oder einzelne Stadtteile.
Diese Entwicklung ist eng verbunden mit der Einführung der Wasserversorgung für Industrie und Wohnbauten. Da ab einer gewissen Zeit jede Wohnung mit Trink- und Brauchwasserversorgung ausgestattet wurde, entstand die Notwendigkeit, auch das Abwasser einschließlich aller abschwemmbaren Stoffe abzuleiten. Dies erfolgte zunächst in zentralen, geschlossenen Kanal- oder Rohrsystemen, durch die das Abwasser unbehandelt in den nächsten Wasserlauf gelangte. Durch die direkte Einleitung des Unrates in die natürlichen Wasserläufe der Stadt, wurden diese stark verschmutzt und gestalteten dadurch das Stadtbild negativ. Die schnell anwachsenden Abwassermengen verschärften die Situation weiter, so dass man sich innerhalb kurzer Zeit gezwungen sah, das Abwasser vor der Einleitung zu reinigen. Die erste Stadt, die mit dem Bau von Kanalisationen begann war London 1830.


2.1 Historie in Berlin

Berlin befand sich seinerzeit am unteren Ende der international vergleichbaren Entwicklung. Der erste Spatenstich für den Bau der Berliner Kanalisation erfolgte am 14. August 1873; die bauliche Realisierung in den wesentlichen Teilen der Kernstadt fällt in den Zeitraum von 1873 bis 1893. Während dieser 20 Jahre ist Berlin allerdings ein Werk gelungen, welches in dieser Form noch kein Vorbild hatte, aber in der Folge Leitmodell für viele andere Städte werden sollte.
Parochialstrasse 1831

Abb. 2
Eduart Gaertner, Parochialstrasse 1831

Quelle: Hilmar Bärthel, Geklärt



2.2 Die Vorgeschichte der Berliner Kanalisation

Die Residenzstadt Berlin nahm 1850 eine Fläche von 3510 ha ein. Dies entspricht etwa der Größe der bis 2000 bestehenden Innenstadtbezirke Mitte, Kreuzberg und Schöneberg. Die Stadt war zwar im ihrem Kern noch von der alten 4,5 m hohen Zoll- oder Akzisemauer mit ihren 19 Stadttoren umschlossen, tatsächlich aber bereits weit darüber hinaus gewachsen. Die Zahl der Einwohner hatte die 400.000 überschritten. Berlin war Anziehungspunkt und Zuwanderungsziel vieler arbeitssuchender Menschen. So erlebte die Stadt bis 1861 pro Jahr Zuzüge von 10.000 bis 90.000 Personen, die in der Regel nur außerhalb der Stadtmauern eine Bleibe fanden.
In allen Straßen und Gossen befanden sich auf beiden Seiten zwischen den hoch liegenden Bürgersteigen und dem 20 bis 30 cm tiefer liegenden Fahrdammbreite - und tiefe, gewöhnlich mit kleinen Feldsteinen gepflastert, so genannte Rinnsteine. Die Auspflasterung war teilweise durch Reinigungsvorgänge oder auch durch Rattenlöcher schadhaft geworden. Die Rinnsteine waren in schmaleren Gassen 50 bis 60 cm in größeren Straßen bis zu einem Meter breit und gewöhnlich 40 bis 60 cm tief. Sie diente der Ableitung des häuslichen und gewerblichen Abwassers und wiesen nur ein geringes Gefälle auf.
Das Abwasser gelangte so über Hausgossen in den Rinnstein. Das Regenwasser floss aus den Fallrohren direkt über den Bürgersteig und bildete bei Frost oft gefährliche Eisschichten. Vor jeder Hauszufahrt gab es bis zu vier Meter breite Brücken über die Rinnsteine, bestehend aus starken Holzbohlen, die auf Eisenstangen lagerten.
Das geringe Gefälle der Rinnsteine verhinderte ein schnelles Abfließen und führte so zu starken Fäulnisherden. Wegen ihrer mangelhaften Auspflasterung gelangten auch Verunreinigungen in den sandigen Untergrund und durch die Versickerung ins Grundwasser. Das Entwässerungssystem der Rinnsteine funktionierte eigentlich nur dort, wo ein direkter Abfluss zur Spree oder ihren Seitenarmen bestand.
Es existierten auch einzelne unterirdische Kanäle, zu verschiedenen Zeiten und ohne Zusammenhang angelegt, in die die Abwasser aus den Rinnsteinen eingeleitet wurden. Da sie jedoch sehr große Querschnitte und nur ein geringes Gefälle hatten, konnten festere Substanzen nicht abgeschwemmt werden. Die Kanäle stellten regelrechte unterirdische Dunggruben dar. Kurz gesagt: Berlin stank und glich einer riesigen Unratdeponie. Unerträglich war es im Sommer, wenn bei hohen Temperaturen alles schnell faulte, gefährlich im Winter, wenn flüssige und feste Abfälle auf den Bürgersteigen festfroren, auf den Rinnsteinen sich aber wegen der Fäulnisvorgänge nur eine dünne Eisschicht bilden konnte.
Führt man sich diese Umstände vor Augen, wird verständlich, warum die ersten Vorschläge für eine Wasserversorgung von Berlin nicht etwa die Belieferung der Bevölkerung mit Trinkwasser zum Gegenstand hatten, sondern ausschließlich der Sorge um die Spülung und Reinigung der Rinnsteine galten.
Kanalbau 1907, Alexanderplatz

Abb. 3
Kanalbau 1907, Alexanderplatz

Quelle: H. Tepasse, Stadttechnik im Städtebau


Abwasser - Inhaltsverzeichnis

  1.   Einleitung
  2.   Historischer Hintergrund
in Europa/Berlin
  3.   Vorschläge zur Lösung
der Abwasserfrage
  4.   Die Radialsysteme
  5.   Das Berliner Kanalsystem
  6.   Das Berliner Abwassersysteme
im Schema
  7.   Klärwerk Ruhleben
  8.   Systemanalyse
  9.   Fazit
10.   Quellen